„Ich danke dir dafür,
dass ich wunderbar gemacht bin;
wunderbar sind deine Werke;
das erkennt meine Seele.“
(Psalm 139,14 – Wort für den Monat August)

Liebe Leserin!
Lieber Leser!

Wie geht es? Alles gut?
Oder gibt es Grund zur Klage?

„Danke der Nachfrage…“,
könnten einige auf diese Fragen antworten,

„Kein Grund zur Klage!“

Wer so antwortet, dem unterstelle ich, dass er Grund zur Dankbarkeit hat. Aber wem gegenüber?

Der, der den 139. Psalm als Gebet gesprochen oder besser gesungen hat, wendet sich mit seinem Dank an Gott:

„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin…“

Das muss ein sehr gläubiger Mensch gewesen sein. Doch was macht der, der nicht an Gott glaubt?

Für den fällt Gott als Adressat der Dankbarkeit weg. Auch mit dem „wunderbar gemacht“ hätte er so seine Schwierigkeit. „Gemacht“ geht noch, denn an einen Schöpfergott“ muss man dabei nicht denken, wenn das Wort auf die eigenen Eltern bezogen wird. Aber „wunderbar“?
Da steckt doch das Wort „Wunder“ drin. Und wer nicht an Gott glaubt, tut sich auch mit Wundern schwer.

„Ich bin gemacht…“ – darauf könnten sich Gläubige und Ungläubige einigen, auch wenn beide etwas anderes damit meinen. Aber wem könnten nicht gläubige Menschen dankbar sein?

„Wie geht es? Ist alles gut?“ – vielleicht wäre für Menschen ohne Glauben die richtige Antwort darauf:
„Ja – ich bin – und manchmal bin ich anderen, mir oder meinem Schicksal dankbar…“ – wobei „Schicksal dann im Sinne von „Zufall“ zu verstehen ist.

Wenn ich gefragt werde, wie es mir geht und ob alles gut ist, dann antworte auch ich oft mit:
„Danke der Nachfrage! Kein Grund zur Klage!“
Und natürlich bin ich meinen Eltern, meiner Frau, meiner Familie und Freundinnen und Freunden dankbar, wenn sie mir Gutes tun oder einfach nur für mich da sind.

Aber mein Dank richtet sich immer auch an Gott. Ich spreche es nur zu selten laut aus.

Der Psalmbeter tut genau das:

„Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele.“

Ich finde mich mit meiner Dankbarkeit in seinen Worten wieder.
Ich bin dankbar für das Wunder des Lebens. Als Vater zweier Töchter dufte ich es direkt nach der Geburt in den Händen halten – und heute darf ich es umarmen.

Ich bin dankbar, für die vielen Wunder, die ich in der Natur entdecken darf. Ich bin dankbar für Liebe, die mir geschenkt wird, die ich erleben und weitergeben darf, für Freundschaften, die mich begleiten.
Ich bin versorgt. Ich habe mehr als genug zum Leben. Ich freue mich über jeden Tag, den ich in unserem Land in Frieden leben kann. Vielleicht sollte ich das auch öfter aussprechen und Gott dafür laut danken

„Wie geht es Dir? Alles gut?“
„Alles gut! Danke der Nachfrage!“,
so kann ich antworten und ergänzen:
„Ich danke Gott, der mich wunderbar gemacht
hat! Und ich danke den Menschen, die mein
Leben begleiten und tragen!“

Aber, liebe Leserin, lieber Leser, so ganz bin ich mit meiner Antwort immer noch nicht zufrieden. Denn der Blick auf die Welt um mich herum verrät mir, dass eigentlich nicht alles gut ist. Eine Pandemie erschüttert die Menschheit, die Wirtschaft bricht ein und selbst in unserem reichen Land machen sich viele Sorgen um ihr wirtschaftliches Überleben und die Zukunft. Noch viel größer sind die Ängste und Sorgen in den ärmsten Ländern der Welt. Krieg und Terror waren schon zuvor eine Plage, nun verschärft sich die Situation durch den Virus. Die Umweltzerstörung schreitet immer schneller voran, skrupellose Politiker und Machtmenschen verdrehen die Wahrheit und sorgen für Systeme der Ungerechtigkeit, der Not und des Hungers. Selten wurde es uns so vor Augen geführt wie in diesen Zeiten, dass nun wirklich nicht alles gut ist.

„Wie geht es Dir? Alles gut?“ – „Nein, es ist alles schlecht…!“.
Das ist auch nicht meine Antwort.
Dann versuche ich es mit „Es geht so…“.
Auch das trifft es für mich nicht.
Etwas mehr Hoffnung wäre schön…

Woher nimmt der Psalmbeter seine scheinbar grenzenlose Dankbarkeit und Zuversicht, wenn
er auf die Welt blickt und ausruft „Ich danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke; das erkennt meine Seele“?

Es lohnt, die Bibel in der Mitte aufzuschlagen und 139. Psalm ganz zu lesen. Denn auch das Leben des Menschen, der diese Worte gefunden hat, war nicht leicht und unbeschwert. Von Finsternis und Hass, von Tücke, Blutgier und Feinden ist dort die Rede, aber auch davon,
dass bei Gott Finsternis nicht finster ist. Er weiß Gott an seiner Seite. Für ihn gibt es keinen Ort, an dem Gott nicht zu finden ist. Auch in der Finsternis und der größten Not ist Gott zu finden. Er ist immer für uns da und ein Licht der Hoffnung. Dieser Glaube lässt den Psalmbeter die Dankbarkeit in die Welt hinausrufen.

„Wie geht es Dir? Alles gut?“
„Nicht alles, aber vieles ist in meinem Leben gut!
Danke der Nachfrage!“, so möchte ich antworten
und ergänzen:
„Ich danke den Menschen, die mein Leben begleiten und tragen! Aber vor allem danke ich
Gott, der mich wunderbar gemacht hat! Wunderbar sind seine Werke; das erkennt meine Seele.“

Und wie geht es Ihnen, liebe Leserinnen und Leser?
Ist Ihr Leben trotz allen Zweifels, der unseren Glauben immer wieder erschüttern kann, von der Beziehung zu Gott geprägt?
Wenn das so ist, dann stimmen Sie mit ein in den lauten Ruf der Dankbarkeit.
Fehlt der Glaube aber ganz, dann möchte ich Ihnen sagen:

„Wunderbar sind die Werke, die Gott gemacht hat! Sie selbst sind ein Wunder! Sie sind
wunderbar! Ich wünsche Ihnen, dass Ihre Seele das erkennt, damit Sie am Ende mehr sagen können als `Ich bin, ich war – das war es!´“.

Nein – in dieser Welt ist nicht alles gut, aber mit Gott gibt es immer Hoffnung, immer Licht, immer Zukunft und am Ende neues Leben!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten August!
Ihr

Pfarrer Rainer Kaspers