ökumenische Lesepredigt

"Und das Wort wurde Fleisch und wohnte unter uns"

Ökumenische Lesepredigt 2020

Weihnachten ist eine ganze Welt: Der Stern von Bethlehem, Das Kind in der Krippe, Hirten und Sterndeuter, der Kindermörder Herodes, Maria und Josef, die Engel, die den Frieden Gottes ausrufen, Ochs und Esel.

Matthäus erzählt von den Weisen, die Gold, Weihrauch und Myrrhe bringen. Die drei Weisen stehen für die damals bekannten drei Erdteile: Europa, Afrika und Asien. Die Sterndeuter repräsentieren die Völkerwelt und Matthäus sagt damit: In diesem Futtertrog liegt der König von Gott, der Heiland der ganzen Welt. Und dieser Heiland ist für alle gekommen!

Lukas erzählt von den Hirten, denen die Engel die Weihnachtsbotschaft bringen. Die Hirten stehen für alle Menschen, die kein Ansehen haben, die ganz unten sind, die um ihr tägliches Brot ringen müssen, die arm und verachtet sind. Zu ihnen kommt die Botschaft zuerst. Und Lukas sagt damit: Gott hat eine Schwäche für die Schwachen. Sein Christus ist vor allem für die kleinen Leute da.

Und auch der Evangelist Johannes erzählt von Christus, aber nicht vom Kind in der Krippe, sondern vom göttlichen Wort, das vor aller Zeit ist und dann als Mensch in die Welt kommt, um uns frei zu machen von Schuld und Tod. Es ist ein Hymnus, ein Lied. Auf der Vorderseite haben Sie ein Bild des katholischen Malermönchs Sieger Köder in Händen, ich bitte Sie, dieses Bild in Ruhe zu betrachten:

Wir sehen ein Weihnachtsbild, wie es traditionellen Bildern zu entsprechen scheint: Der Stall, die Krippe, das nächtliche Dunkel sind zu sehen. Dazu Menschen, die sich um die Krippe versammeln: Maria und Joseph, ein Mädchen, ein Junge und ein ganz Kleiner, der soeben über den Rand der Krippe hinüberschaut. Doch in der Krippe liegt kein kleines Kind, sondern ein aufgeschlagenes Buch.

Doch das Buch, das in der Krippe aufgeschlagen liegt, zeigt kein Bild, sondern ein Wort der Bibel:

„Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt und wir“ – und da bricht der Satz ab.

Wir wissen, wie der Vers im Johannesevangelium weiter geht:

„und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Jesus, das Kind im Stall – in ihm verkörpert sich die Liebe Gottes, in ihm wird Gott Mensch.

Doch diesen Satz vollendet Sieger Köder nicht. Er gibt den abgebrochenen Satz als Frage an uns zurück: Und das Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, – und wir?

»Und wir«. So fragt uns Sieger Köder mit seinem Bild. Was machen wir jetzt mit dem Wort, das Fleisch geworden ist? Wer ist Christus für uns?

Wer Jesus für mich ist – Einer, der für mich ist.
Was ich von Jesus halte? Dass er mich hält.

Weihnachten: Schau her, sagt Gott zu uns:
Ich gebe dir mein Wort.

Du kannst dich auf mein Wort verlassen,
Licht, leuchtet auf in der Finsternis. Ein Gott, dem nichts menschliches fremd ist, der wird gebraucht:

Von allen Menschen, die verzweifelt nach dem Sinn ihres Lebens fragen und suchen; von denen, die in ihrem Herzen von Hass, Neid und Friedlosigkeit getrieben werden.

All das hat keine letzte Macht. Dass spüren wir, wenn wir von diesem Lichtglanz getroffen werden und uns anrühren lassen. Da, wo wir aus der Hoffnung leben, dass Gott uns auf unserem Lebensweg führt und begleitet; da, wo wir optimistisch und froh einen Blick haben für die Schönheit der Schöpfung und des Lebens, das Gott uns geschenkt hat. Da, wo wir dankbar zurückblicken auf unser Leben. Mit all seinen Brüchen. Und darauf vertrauen, dass Gott uns mit Ehren annimmt.

Wir alle sind gemeint: Uns allen schenkt der Mensch gewordene Gottessohn seine Gegenwart gegen alle Hoffnungslosigkeit und gegen alle Friedlosigkeit. Gerade jetzt in so schweren Zeiten für uns alle.

Und der Friede Gottes bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, dem Wort, das Fleisch geworden ist.

Amen.